Wales VI: Llandudno, das unaussprechliche Llanfairpwll­gwyngyllgogery­chwyrndrobwll­llantysilio­gogogoch, Beaumaris, Puffin Island und Conwy


Ein wirklich gutes Gefühl morgens aufzuwachen, den Blick durchs Fenster über die irische See schweifen zu lassen und zu wissen, dass man ohne Morgengymnastik in eine komfortable Dusche steigen kann, beim Fönen im Spiegel erkennt was man mit seinen Haaren anstellt, und zwar ohne sich den Hals zu verrenken, und sich anschließend an einen gedeckten Tisch setzen kann. Das ist super!
Nach einem ausgezeichneten, reichhaltigen Frühstück mit wunderbarem frisch aufgebrühten Kaffee, machen wir uns auf den Weg die lange Promenade entlang Richtung Great Orm. So heißt die bucklige Erhebung, um die herum sich Llandudno erstreckt. Hier soll es mehrere jungsteinzeitliche Stätten geben und man soll großartige Ausblicke auf den Snowdonia Nationalpark haben, bei klarer Sicht sogar auch hinüber bis zur Isle of Man.
So ein Gang über die Promenade kann ziemlich interessant sein. Llandudno scheint ein sehr begehrter Ort bei in irgendeiner Art gehbehinderten Menschen zu sein. Unmengen von Elektroscootern sind hier unterwegs, auf denen Personen verschiedenen Alters und Geschlechts in unterschiedlichen Geschwindigkeiten über die Promenade fahren. Begleitet von Hunden, joggenden Ehefrauen oder Menschen mit Gehwagen, einer sogar laut singend.
Manche sind dabei gekleidet, als würden sie ihre Joggingrunde nun fahrend erledigen. Wir sind ein wenig irritiert durch dieses massive Auftreten der Elektroscooter. Vielleicht halten die hier ihre Jahrestreffen ab? So wie manche Leute auf Motorradtreffen fahren? Wer weiß das schon?
Am Ende der Promenade steht ein alter Bus, mit dem man eine Tour auf den Great Orm machen könnte. Wir werfen einen Blick hinein. Er sieht aus, als wäre er noch vor unserer Kindheit in Betrieb genommen worden.
Wir wollen allerdings nicht mit dem Bus hinauf, sondern mit der Seilbahn, angeblich die längste Großbritanniens, was wir uns anhand der Höhe des
Great Orm eigentlich nicht vorstellen können. Beim kurzen Aufstieg zur Station im Happy Valley Garden können wir einen Blick auf die 670 Meter lange Seebrücke werfen.
Dann zahlen wir unsere 8 £, auch kein Schnäppchen, für die Hin- und Rückfahrt und schon geht es los.
Ein angenehmer Wind bläst hier oben, während wir gemächlich dem Gipfel entgegenschweben. Die Seilbahn scheint uns in einem ähnlichen Alter, wie der Bus vorhin. Aber sie bringt uns sicher nach oben. Und gewährt uns dabei Blicke auf so seltsame Dinge, wie eine Sommerskistrecke.
Nicht, dass ihr euch nun irgendwas mit Schnee vorstellt, nein, weit gefehlt. Hier kann man sich die Bretter unterschnallen und wedelt dann auf irgendwelchen Matten den Hang hinunter. Was es alles gibt!
Oben angekommen finden wir die Aussicht dann doch eher entäuschend. Es ist ein wenig diesig, so dass der Nationalpark und auch die Isle of Man nicht zu sehen sind. Was wir allerdings sehen ist ein Minigolfplatzbesitzer, der auf den Knien rutschend, seinen Staubsauger hinter sich herziehend, seine Bahnen reinigt. Mit viel Engagement. Eine echte Show. Danach spielen die Doubles von Dudley Dursley, Uncle Vernon und Tante Petunia dort gemeinsam eine Runde Minigolf. Selten so gelacht.
Wir holen uns eine Cola aus dem verstaubt wirkenden Gipfelrestaurant, das augenscheinlich seit den späten Siebzigern keine Renovierung mehr erfahren hat. Die Essensgerüche mehrerer Jahrzehnte haben sich dort eingenistet, trotzdem sitzen einige Gäste in der miefigen, feuchtwarmen Gaststube. Wir gehen lieber raus, lassen uns im Schatten der Hauswand auf eine Wiese nieder und beobachten den Trubel um uns herum. Dann schweben wir mit der Seilbahn wieder hinunter, flanieren über den viktorianischen Pier, der irgendwie mehr an einen Jahrmarkt erinnert und machen uns auf den Weg zurück zum Guesthouse. Treffen dabei auf einen vollbärtigen Herrn in den Vierzigern, der ein rosa Tütü über einer Art Supermankostüm trägt, ein rotes Käppchen über einer leicht verfilzten Perücke und in einem Buggy einen häßlichen Kuschelaffen und ein Radio, das irgendeinen Hardrocksong plärrt, über den Pier schiebt.
Wohlgemerkt, es ist keine Junggesellenverabschiedung, der Herr ist ganz alleine unterwegs. Er gehört zu der angenehmen Auswahl skurill angehauchter Typen, auf die man hier trifft.
Zeit für eine Pause. Nach einem Kaffee in unserem Guesthouse verziehen wir uns an den Strand. Allerdings fragen wir vorher vorsichtshalber noch einmal nach, warum hier eigentlich kein Mensch im Wasser ist. Das haben wir auf dem Rückweg nämlich irritiert festgestellt.
Doch dafür soll es keinen Grund geben, das Wasser soll nur kalt sein und wegen der Steine das Hineinkommen ein wenig schwierig.
Am Kiesstrand ist es leer, obwohl die Sonne ziemlich knallt. Wir bauen uns mit unserem großen Regenschirm einen Schattenplatz und balancieren dann über all die Steine ins Wasser. Die Temperatur ist in Ordnung, der Untergrund gewöhnungsbedürftig. Wirklich gruselig sind aber die Quallen, die wir kurze Zeit später entdecken, einige Exemplare durchaus ansehnlich. Spontan entscheide ich, dass ich genug gebadet habe.
Wir vertrödeln den Nachmittag am Strand, duschen danach noch ausgiebig und machen uns erneut auf den Weg die Promenade hinunter. Unser Ziel ist das Kings Head, ein Pub an der Station der Tramway, eine von drei Standseilbahnen, die es auf der Welt noch gibt. Die ist bereits über 100 Jahre alt und fährt ebenfalls zum Great Orm hinauf.
Wir wollen aber nur essen und unser Vermieter hat uns das Pub empfohlen. Eine gute Wahl, wie sich herausstellt. Man kann draußen sitzen, es gibt unendliche Sorten gezapftes Bier und das Essen ist echt lecker.
Satt und zufrieden schlendern wir zurück zum Guesthouse und setzen uns mit Buch und Wein auf eine Bank an der Promenade.
Während die Sonne über dem Great Orm untergeht, beobachten wir die
Abend- spaziergänger, lesen ein wenig und lassen die Kulisse auf uns wirken. Ein fast fauler Tag heute, so ganz ohne Autofahrt. Das wird morgen anders. In diesem Teil Wales befinden sich gleich mehrere Burgen, die Unesco-Weltkulturerbe sind. Also Zeit morgen mit den Besichtigungen zu beginnen.
Wir sind am nächsten Morgen die ersten in unserem Frühstücksraum. Kaum sitzen wir, da steht schon die Kanne mit frischem Kaffee und Orangen- und Grapefruitsaft auf unserem Tisch. Unsere Frühstücksfee ist wirklich toll, merkt sich die Vorlieben jedes einzelnen Gastes und hat für jeden ein paar Worte über. Außerdem ist sie in der Lage den Namen des Ortes auszusprechen, den wir heut als erstes anfahren wollen. Wir können ihn nicht einmal lesen.
 Llanfairpwll­gwyngyllgogery­chwyrndrobwll­llantysilio­gogogoch heißt der Ort. Übersetzt bedeutet das soviel wie Marienkirche in einer Mulde weißer Haseln  in der Nähe  eines schnellen Wirbels  und der Thysiliokirche bei der roten Höhle. Das nenn ich mal einen Ortsnamen.
Viel mehr als den Namen hat der Ort dann aber auch nicht zu bieten, wie wir feststellen, als wir ihn nach einer halben Stunde Fahrt erreichen. Dass wir ihn überhaupt erreicht haben, verdanken wir unserer neuen Walesmap, die freundliche Dame im Navi wollte uns mal wieder geschickt dran vorbeileiten. Gut, dass wir ihr nicht grenzenlos vertrauen.
Den Namen dieses unaussprechlichen Ortes hat sich im 19. Jahrhundert übrigens ein Schuhmacher ausgedacht, um Feriengäste anzulocken. Hat geklappt, auf dem Parkplatz vor dem Bahnhof werden Busladungen voller kamerabewaffneter Touristen ausgekippt, die sich gegenseitig mit Bahnhofsschild in allen erdenklichen Posen fotografieren.
Auch wir machen unsere Fotos und uns dann wieder von dannen. Unser Hauptziel heute ist nicht weit entfernt. Beaumaris Castle, die letzte der Burgen Edwards I., die er errichten ließ, um künftige Revolten der zuvor besiegten Waliser schon im Keim zu ersticken.


Eine große Rasenfläche steht als Parkplatz zur Verfügung, natürlich gegen Bezahlung. Beaumaris liegt an der irischen See und ein leichter Wind weht vom Wasser herüber. Die im 13. Jahrhundert errichtete Burg liegt umgeben von grünem Nass und jedes Kind wird schon von ihrem äußeren Anblick fasziniert sein. Mit ihren runden Türmen gleicht sie den Spielzeugburgen, die von namenhaften Herstellern fabriziert werden.
Wir spazieren über die Brücke durch das massive Torhaus und stellen uns vor, wie es sich wohl anfühlen mag durch die Maueröffnungen mit siedendem Öl übergossen zu werden.
Es gibt eine innere und eine äußere Mauer, von der inneren Mauer hat man hat man einen guten Überblick über die Burganlage.
Auch innerhalb der Mauern gibt es enge Verbindungs- gänge. Man fragt sich, wie die damals in voller Montur, mit Schwert und Umhängen
durch diese engen Gänge laufen konnten.
Wir stören übrigens heute den einen oder anderen brüten- den Vogel dort. Einer sitzt mitten im Gang auf seinem Nest und bleibt dort auch sitzen, obwohl ein Besucher nach dem anderen vorsichtig passiert. Das kann kein entspanntes Brüten sein!
Das alte Gemäuer ist wirklich wunderschön und man
kann sich lange dort aufhalten. Es braucht tatsächlich nicht viel Phantasie, um sich Jahr- hunderte zurück- versetzt zu fühlen. Irgendwann landen wir dann aber wieder im Hier und Jetzt und verlassen die Burg.
Nicht weit von Beaumaris entfernt liegt Puffin
Island, eine vorgelagerte Insel, die Kinderstube ist für zahlreiche Vögel und Meerestiere. Und wie der Name schon sagt, auch die Papageientaucher sollen dort brüten. Also buchen wir einen Bootstrip, warten mit einigen anderen am langen Pier von Beaumaris, beobachten dabei die zahlreichen Kinder mit ihren Eimern und Fäden beim Krebse fangen, augenscheinlich ein sehr verbreitetes Hobby hier, und dann gehts los durch Wind und Wellen Richtung Puffin Island.
Es weht eine anständige  Brise, in den ersten Reihen spritzt die Gischt und sorgt für ordentliches Gejauchze.
Als erstes begrüßen uns die Kormorane und die Seehunde, einer sogar durch ausgelassenes Winken.
Unser Kapitän umrundet die Insel langsam, immer auf der Suche nach den heißbegehrten Papageien- tauchern. Es schaukelt ordentlich, was das Fotografieren nicht einfacher macht, auf manchen Fotos ist lediglich Wasser oder blauer Himmel zu sehen. Viele der Seevögel kennen wir nicht, aber sowohl in der Luft, als auch im Wasser wimmelt es nur so von Federvieh.
Den ersten Papageientaucher sehen wir nur, das ist schon mal super, können ihn aber nicht fotografieren, er ist zu weit weg unde verschwindet

immer wieder zwischen den Wellenbergen. Doch auf der Rückseite von Puffin Island haben wir ihn dann endlich, unseren Papageientaucher. Das ist schon ein ganz besonderer Vogel. Papageientaucher sind nur während der Brutzeit an Land, ansonsten leben sie ausschlließlich auf dem offenen Meer.




Es ist natürlich nicht unbedingt ein spektakuläres Foto, aber es ist selbst geschossen und wir sind richtig froh, dass wir welche sehen konnten.        Dieser Ausflug hat Spaß gemacht, doch nun müssen wir zurück nach Lllandudno, bevor die Banken schließen. Gestern abend haben wir nämlich versucht am Geldautomaten der Barclay Bank etwas abzuheben und dabei ist irgendwas schief gelaufen. Kein Abbruch, Karte wieder raus, aber kein Geld. Und auch kein Hinweis warum nicht. Da steigen dann so Erinnerungsfetzen hoch... war die Barclay Bank nicht auch schon pleite? Wie ist das so mit den englischen Banken? Glücklicherweise haben die auch Samstags auf, sogar am Nachmittag und wir können einer freundlichen walisischen Bankangestellten unser Problem erklären. Sie kümmert sich rührend um uns, klärt das mit einer Dame an der Kasse, die den Geldautomaten extra für uns einmal überprüft. 
Eigentlich dürfte nichts passiert sein, sagt sie. War auch tatsächlich nicht, wie uns unser Kontoauszug später zeigte. Aufatmen unsererseits und dann ein kurzer Blick zur Uhr. Ja, eine Burg geht noch. Hätte mir vorher jemand gesagt, dass Beaumaris noch zu steigern ist, hätte ich ihm nicht geglaubt. Aber es geht noch.
Wir  fahren ins nur wenige Kilometer entfernte Conwy und finden dort den Traum aller Mittelalterfans und Geschichtslehrer, Conwy Castle. Die Burg beherrscht das Stadtbild, egal aus welcher Richtung man blickt.
An der Außenmauer gibt es gedrungen wirkende, wehrhafte, runde Türme und im inneren Bereich 4 schmale, hohe Türmchen, bei denen man unwillkürlich nach Rapunzel Ausschau hält. Ebenso wie Beaumaris ein Unesco-Weltkulturerbe, ist es für mich tatsächlich der Inbegriff aller Burgen. Hier stimmt einfach alles.

Über die Wehrgänge ist alles miteinander verbunden, hat man die hohen Türmchen über die enge Wendeltreppe
erklommen, ist die Aussicht über das Städtchen, die umgebende Festungsmauer und das Meer einfach nicht zu übertreffen. Obwohl die Absicherung mich etwas erschrickt, kleine Kinder könnten hier mühelos überall durchfallen, muss ich sagen, dass ich selten eine Aussicht so genossen habe.


Wer also nur wenig Zeit hat und sich zwischen diesen vielen Burgen, die Edward I. hat bauen lassen, entscheiden muss, dem empfehle ich Conwy Castle. Dreißig Jahre Bauzeit, von 1277 bis 1307 und rund 15.000 £ Sterling, damals eine unvorstellbare Summe, brauchte es, um sie hochzuziehen. Der Wahnsinn!
Wir bleiben bis um 18 Uhr, dann wird die Anlage geschlossen. Danach bummeln wir runter zum Hafen, dort findet man das kleinste Haus Großbritanniens, wirklich schnuckelig. Die beiden kleinen Innenräune messen nur jeweils 2,75x1,53, haben also zirka jeweils 4 m². Zuletzt soll dort angeblich ein Fischer gewohnt haben, der 1,92 m groß war. Das kann kein einfaches Leben gewesen sein. Mit Sicherheit muss er Rückenprobleme gehabt haben, bei der Türhöhe!
Nach kurzer Suche finden wir einen versteckt liegenden, aber stark frequentierten fish & chips-Laden, holen uns zwei Portionen, dazu ein Bier aus dem benachbarten Pub und setzen uns damit, wie viele andere auch, an die Hafenkante. Die Möwen hoffen ebenfalls auf ein Festmahl, doch wir wissen uns zu verteidigen. Tatsächlich können wir beobachten, wie sie im Flug Passanten das Essen aus der Hand klauen. Jahrelange Übung wahrscheinlich.
Dann machen wir noch einen Verdauungsspaziergang auf der Festungsmauer, von wo aus man einen hervorragenden Blick auf Balkone und in verschieden Wohnungen hat. Ist bestimmt auch nicht der Hit, wenn dir die Touristen immer wieder in die Wohnung schauen können.
Schließlich haben wir runde Füße und machen uns auf den Rückweg zum Auto und dann in unser wunderbares Guesthouse. Zeit für eine Pause. Morgen ist auch noch ein Tag.

                               











Wales V: auf dem Weg nach Llandudno über Aberaeron und Portmeiron

Wir starten früh an diesem Tag. So früh, dass sich in den anderen Cottages noch nichts rührt. Nur die Schafe im Moor verabschieden uns mit vage interessiertem Blick, während sie stoisch ihr Grünzeug kauen. Mücken und Bremsen verschlafen unsere Abfahrt. Ein Glück!
Wir haben gestern alles gekauft, um unterwegs ein Sandwichfrühstück zu bereiten. Sogar eine schöne Dose lösliches Kaffeepulver, Frühstück wird es also irgendwo unterwegs geben.
Lediglich etwas über 200 km liegen vor uns, allerdings auf den Landstraßen Wales. Aber auch dafür scheinen wir reichlich Zeit zu haben, so dass das Motto für heute heißt: der Weg ist das Ziel. Mal schauen, was wir unterwegs so sehen.

Hafen von Aberaeron

Unseren ersten Stop machen wir in Aberaeron, einer kleinen Küstenstadt. Wunderbarerweise sind an der durchs Städtchen führenden A487 die öffentlichen Toiletten ausgeschildert und wir folgen der Beschilderung in den kleinen Hafen. Ein idealer Ort für eine Pause, also Kühltasche raus und alles auf eine der Bänke mit Blick aufs Hafenbecken verfrachten. Diese allgegenwärtigen Bänke sind wirklich eine Freude!
Ich kann diese Art des Frühstücks nur empfehlen. Im Freien unter blauem Himmel, sonnenbeschienen, mit Blick auf die trocken liegenden Boote und die pastellfarbenen Häuser am anderen Ufer einfach grandios. Die wenigen morgendlichen Passanten haben alle ein Lächeln für uns übrig.


So gestärkt geht es wieder auf die A487, an Aberystwyth vorbei bis nach Machynlleth. Als wir den Ort durchquert haben, beschließen wir noch einmal umzukehren und suchen uns einen Parkplatz.
Tatsächlich haben wir eine Zeile wunderschöner Fachwerkhäuser gesehen, einige Antiquitätengeschäfte und überhaupt scheint es ein hübsches Städtchen zu sein.
Wir bummeln eine Weile durch die Straßen, be- wundern
die vielfältigen Farben  der hiesigen Schubkarren, die interessanten Pflanzgefäße und landen schließlich  vor einem ziemlich verwilderten Friedhof, den wir durch eine quietschende, schmiedeeiserne Pforte betreten. Die Friedhöfe in Großbritannien haben eine gänzlich andere Atmosphäre als unsere. Sie wirken irgendwie immer ein wenig verwahrlost, nicht so aufgeräumt, wie wir es von unseren Friedhöfen gewohnt sind. Es gibt so gut wie keinen Pflanzenschmuck, die Grabsteine sind häufig Jahrhunderte alt, verwittert und stehen schief. So auch auf diesem Friedhof, der uns irgendwie an Dracula und andere Spukgestalten erinnert, so dass wir ständig erwarten, dass sich eines der Gräber öffnet und ihm irgendwelche Unholde entsteigen.
Wir streifen ein wenig zwischen den Gräbern herum, auf dem trockenen Rasen übrigens, denn Wege gibt es keine, suchen nach Jahreszahlen und alten Inschriften, bevor wir diesen Ort der Toten durch die quietschende Pforte wieder verlassen.
Den nächsten Halt machen wir nur wenige Kilometer weiter an King Arthurs Labyrinth. Ein Schild an der Straße verweist uns auf einen Besucher- parkplatz inmitten grüner Hügel. Wir haben keine Ahnung, worum es sich dabei handelt. Umgeben von lauter Shops mit unterschiedlichstem Kunsthandwerk liegt der Eingang einer alten Schiefermine. Dort bekommt man bei einer Bootsfahrt unter Tage eine mystische
 Geschichte König Arthurs erzählt. Man kann auch eine Minentour machen. Wir verzichten auf beides, schlendern ein wenig durch die Craftshops, die durchaus interessantes zu bieten haben. Wunderbare Holzmöbel zum Beispiel. Wir trinken im Café noch eine gut schmeckende Cherry Tree Cola, bevor wir uns wieder auf den Weg machen. Auf dem Parkplatz sonnt sich eine kleine Schlange auf dem warmen Asphalt und entschwindet mit schlängelnden Bewegungen als sie uns bemerkt.
Dann steuern wir Portmeirion an, das wir am frühen Nachmittag erreichen. Portmeirion liegt auf einer ruhigen Halbinsel in einem Mündungsdelta und ist absolut künstlich. Der walisische Architekt Sir Clough William-Ellis hat hier einem Disneyland gleich eine Art italienische Stadt zusammengestellt, indem er alle möglichen Teile verlassener alter Herrenhäuser hier zusammenfügte. Durchaus sehenswert und dem vollen Parkplatz nach zu urteilen ein echtes Touristenmagnet.


Darüber hinaus mit einem Eintrittspreis von 10 £ pro Person auch nicht grad ein Schnäppchen. Wir überlegen kurzfristig, ob wir den Besuch nicht canceln. Naja, aber nun sind wir schon mal da, also beißen wir in den sauren Apfel.
Nicht nur Architektur und Gärten, nein, auch die Temperatur gibt uns das Gefühl tatsächlich in einer italienischen Kleinstadt zu sein. Selbst das Personal wirkt auf eine hochnäsige
Art irgendwie italienisch. Alles ist wirklich sehr schön angelegt und man kann eine Weile hindurchspazieren. Allerdings sind  10 £ für einen Spaziergang durch eine künstliche Stadt ganz schön viel Geld. Viel mehr als das kann man dort aber eigentlich nicht machen.
Wir holen uns noch ein überteuertes, aber gut schmeckendes Eis, sitzen eine Weile auf einer Bank am Springbrunnen und beobachten andere Besucher, schlendern hinunter zum Wasser und überlegen dann, ob es hier noch irgendwas zu tun gibt. Uns fällt nichts ein und so machen wir uns auf den Weg zurück zum Parkplatz.
Übrigens, auch auf dem Parkplatz stehen überall verteilt Picknicktische, es lebe Wales, so etwas würde ich mir hier bei uns ebenso wünschen.  Wir nutzen das Angebot auch gleich und essen die Reste unseres Frühstücks im angenehmen Schatten eines Walnussbaumes.
Die letzten Kilometer bis nach Llandudno ziehen sich. Das ist ja meist so, kurz vorm Ziel dauert es immer am längsten.
Llandudno ist ein Seebad aus viktorianischer Zeit und erstreckt sich an zwei Seiten einer Halbinsel. Unser Guesthouse liegt direkt an der Strandpromenade und müsste eigentlich leicht zu finden sein. Doch das Navi kennt die Adresse nicht. Wir fahren also die Promenade rauf und runter und fragen schließlich einige Passanten, die uns die Richtung weisen.

Das Britannia Guesthouse liegt in einer Häuserzeile in unterschiedlichsten Pastelltönen gestrichener, viktorianischer Gästehäuser direkt an der Promenade. Wir werden herzlich empfangen, nach unseren Wünschen zum Frühstück befragt und bekommen eine Menge nützlicher Tipps zu unserem Urlaubsort.
Unser Zimmer ist ein Traum mit einem kleinen Erker und Blick auf das Wasser.
Außerdem liegt es Richtung Norden und ist angenehm kühl. Es gibt sogar ein Fernglas. Wahnsinn!
Wir beherzigen gleich eine der Restaurantempfehlungen, machen einen Abendspaziergang an der langen, asphaltierten Promenade, bewundern die wunderschönen Häuserfronten aus viktorianischer Zeit und ergattern einen der begehrten Außenplätze im "Home cooking".
Das Essen ist wirklich ausgezeichnet, ein leckerer Lammbraten mit Minzsauce. Dazu ein walisisches Schwarzbier, während wir beobachten, wie die Schlange derer, die auf einen Tisch warten, immer länger wird.
Zurück schlendern wir erneut über die Promenade, der Himmel färbt sich derweil in unterschiedlichsten Rottönen. Auch hier überall Bänke, die zum sitzen einladen, dieses Land ist ein Traum für alle Gernesitzer. Und wahrscheinlich auch für Menschen, die Bänke herstellen.


Llandudno scheint ein wirklich angenehmer Urlaubsort zu sein. Wir freuen uns schon auf morgen.