Wales IX: gar kein Wales, sondern Oxford, Harwich und Dovercourt

Wir frühstücken in Ruhe, zahlen unsere Rechnung, packen unsere Sachen wieder ins Auto und machen uns auf den Weg Richtung Oxford, nicht ahnend was für eine Geduldsprobe uns dort erwartet.
Oxford liegt nur dreißig Kilometer entfernt und ist deshalb schnell erreicht. Wir finden dank Thias Erinnerungsvermögen und einer recht guten Beschilderung gut durch den dichten Verkehr bis in die Innenstadt. Dort soll sich die Touristeninformation befinden, in der wir uns nach einer Unterkunft erkundigen wollen. Doch zuvor gilt es einen Parkplatz zu finden.
Wir haben Glück, finden direkt auf dem Marktplatz einen freien Parkplatz und stehen dann staunend vor dem Parkautomaten. 2,50 £ für eine Stunde, das ist schon ganz üppig und gleichzeitig die Höchstparkdauer. Ein weiblicher Bobby oder wie immer hier die Politessen heißen mögen, umkreist schon dienstbeflissen die parkenden Fahrzeuge. Na gut, wir werden schon etwas anderes finden, wenn wir in der Touristeninfo waren. Vielleicht hätten uns die vielen Fahrräder stutzig machen sollen, aber wir denken uns nichts dabei.
Das Innere der Touristeninfo gleicht einem Bienenstock. Kein Rankommen an den Infotresen. Wir schaffen es trotzdem, erhalten ein Bed & Breakfast-Verzeichnis in die Hand gedrückt, einen Stadtplan und alles Gute für die Suche. Kaufen noch einen Stadtführer auf Deutsch und stehen dann schon wieder vor der Tür. Unsere Hoffnung, dass die Touristeninformation Kenntniss davon hat, welche Zimmer noch frei sind, hat sich grad verflüchtigt. Anrufen können sie auch nicht, dafür haben sie einfach keine Kapazitäten. Mhm, soweit, so schlecht. Von unserem Handy aus die Telefonate zu führen, würde unser Guthaben sprengen, anfahren wollen wir sie aber auch nicht alle. Was tun? Wir verschieben die Entscheidung auf später und machen uns auf die Suche nach einem anständigen, bezahlbaren Parkplatz. Auf unserem Stadtplan sind Langzeitparkplätze eingezeichnet, wir beauftragen die Dame im Navi mit der Wegfindung. Landen schließlich nach einer halben Stunde total entnervt vom Stadtverkehr, unklarer Streckenführung und Staus vor einem dieser Langzeitparkhäuser mit dem Charme der Siebziger Jahre. Leider nicht mit den Preisen aus dieser Zeit. Zähneknirschend finden wir uns damit ab, dass wir bei einem Aufenthalt von über 4 Stunden 11,50 £ für dieses entzückende Parkhaus zahlen müssen.


Nach einer Rundfahrt mit einem der hop on- hop off - Doppeldeckerbusse beschließen wir als erstes Christ Church zu besichtigen. Christ Church, angeblich das grandioseste aller Oxford-Colleges wurde bereits im frühen 16. Jahrhundert von Kardinal Wolsey gegründet.






Die zum großen Saal führende Treppe und die College Hall selber sind Vorbild für die Harry Potter Verfilmung gewesen. Dementsprechend voll ist es dort auch. Gelegentlich haben wir das Gefühl, wir sind allein unter Japanern.
Reise- gruppen über Reise- gruppen harren auf der Treppe aus, um sich dann in den Saal zu ergießen. Schon die Vorhalle ist wirklich beeindruckend, man wartet förmlich auf Hermine, die stürmisch die Treppe herunterläuft. Allerdings hätte sie wenig Platz dafür zwischen all den Touristen. Im Saal dann ein ähnliches Bild, Touristen umkreisen den mittleren Tisch, posieren in unterschiedlich vorteilshaften Posen für die Fotografierenden, während entnervt aussehende Angestellte versuchen die Herde voranzutreiben.
Die College Hall selber ist ein Traum. Leider kann man ihn nur nicht richtig genießen. Geschweige denn angemessene Bilder davon machen.
























Tasächlich kann man hier frühstücken, wenn man in einem der Zimmer der Colleges der  Universitäten von Oxford übernachtet. Das ist hauptsächlich in den Ferienzeiten möglich, wenn die Studenten ihre Zimmer räumen. Im Nachhinein würde ich das genauso machen, dort ein Zimmer vorausbuchen und das Frühstück in der College Hall gleich mit. Naja, hinterher weiß man es immer besser.
Wir werfen noch einen Blick in die zum College gehörende Kathedrale, mit deren Bau bereits 1170 begonnen wurde und die durchaus beeindruckend ist, schlendern erneut durch die
Kreuzgänge, atmen den betörenden Duft der Lavendelbeete ein, bevor wir Christ Church wieder verlassen.
Hier noch etwas für die Rubrik unnützes Wissen: Mit 13 Absolventen stellt Christ Church fast die Hälfte der britischen Premierminister, die in den Genuss eines Studiums in Oxford oder Cambridge gekommen sind. Nur falls es jemanden interessieren sollte.











Wir haben Hunger, finden einen Laden mit leckeren Sandwiches oder eher Baguettes, aber keine Bank oder andere Sitzmöglichkeit, um in Ruhe zu essen. Wir sind Bankmäßig in Wales echt verwöhnt worden. Nun allerdings sind wir in England und hier ist das mit dem Verwöhnen nicht vorgesehen.
Wahrscheinlich speist man hier eher stilecht im Restaurant oder gar nicht. Auf Nachfrage wird uns ein Park empfohlen, der aber leider nur eingezäunte Rasenflächen und keine Bänke hat.
Uns tun die Füße weh und so setzen wir uns trotz Verbots- schildes auf eine kleine Grasfläche neben eines der zahlreichen Collegegebäude. Achtunddreißig verschiedene Colleges soll es in Oxford geben.Wir haben Glück, niemand verscheucht uns,
allerdings guckt der eine oder andere recht sparsam.
Danach schlendern wir noch ein wenig durch die Stadt mit ihren wunderschönen Fassaden aus unterschiedlichsten Epochen. Werfen einen Blick auf die Uhr und stellen fest, wenn wir noch viel länger bleiben, haben wir das Parkhaus gekauft. Da wir keine Lust verspüren den Rest des Tages auf der Suche nach einem Bed & Breakfast zu verbringen und Oxford unsere inzwischen recht schmale Urlaubskasse ziemlich belastet, beschließen wir Richtung Nordseeküste zu fahren. Am Samstag fährt da unsere Fähre zurück, heute ist Mittwoch, also noch Zeit für zwei Tage Badeurlaub.
Wir schaffen es an London vorbei an die Küste bis zur Dämmerung. Obwohl wir alleine aus Oxford raus über eine Stunde brauchen. Es ist absolut schwül und unser Hotel hat leider keine Klimaanlage. Dafür kann man auch das Fenster nicht richtig öffnen, nur einen Spalt breit. Naja, zum Schlafen reichts und morgen suchen wir uns etwas an der Küste.
Nach einem interessanten Frühstück im Hafen von Harwich, wo alles gebraten aufs Brötchen kommt was man sich so wünscht, finden wir tatsächlich eine Bleibe im Cliff-Hotel
in Dovercourt. Von außen ein Bau aus viktorianischer
Zeit ist es von innen nicht etwas Retro-Siebziger-Jahre, sondern original. Vor allen Dingen aber ist es günstig und direkt am Strand. Der Hotelname ist allerdings irreführend, Klippen gibt es dort schon lange nicht mehr, alles ist ordentlich einbetoniert.
Hier genießen
wir an den nächsten zwei Tage die einfachen Strandfreuden. Es ist wunderbar warm, Ebbe und Flut kommen und gehen und wir brauchen den ganzen Tag nichts anders zu tun, als gelegentlich zur Abkühlung ins Wasser zu gehen. Auch mal ganz schön.
Abends kühlt es angenehm ab, man kann lange Spaziergänge machen und die etwas andere Strandkultur der Engländer betrachten.
Am Strand findet man in mehreren Reihen hinter-einander bunt gestrichene Holz- häuschen, sogenannte Beach Huts, die Schutz vor Sonne und Wind bieten sollen und im Land des dauerhaften Teekonsums natürlich in der Regel auch einen Wasserkocher beheimaten.
Wir finden einen supergünstigen Chinaman oder besser eine Chinafrau um die Ecke und schonen so unsere Urlaubskasse. Hier gibts auch endlich wieder Bänke, noch dazu mit Blick aufs Wasser und so sitzen wir wie die Clochards mit einer Flasche Wein dort, essen und genießen den Sonnenuntergang.
Unsere Rückfahrt verläuft dann denkbar unkompliziert. Unsere Fähre bringt uns zurück Richtung Hoek van Holland, wobei wir beobachten können, dass die Niederländer deutlich schneller und mit mehr System verladen, als das englische Personal.
Auf der Autobahn meldet sich dann noch einmal die Dame aus dem Navi, die uns nahelegen möchte, dass die Autobahn, auf der wir unterwegs sind, gar nicht existiert und wir auf jeden Fall umkehren müssen. Doch inzwischen kennen wir sie, die gute Frau und ignorieren sie einfach.




Wales VIII: der Snowdon, Hay-on-Wye und auf dem Weg nach Oxford

Auch heute ist das Frühstück in unserem Guesthouse wieder hervorragend. Danach machen wir uns auf den Weg Richtung Snowdon, allerdings wollen wir noch etwas Reiseproviant einkaufen. Und was finden wir da? Einen Aldi! Da fühlt man sich doch gleich heimisch.
Es ist ziemlich schwül heute und wir sind froh, dass unser Auto eine Klimanalage hat. Ganz anders die Snowdon-Mountain-Railway, wie wir dann feststellen. Auf dem Parkplatz in Llanberis
überlegen wir noch, ob wir unsere Vliesjacken mitnehmen. Schließlich sind Berggipfel ja meist kühl. Glücklicherweise entscheiden wir uns dagegen. Wir schwitzen so schon. Da wir recht früh an der Bahnstation sind, haben wir das Glück noch einen Fensterplatz zu erhaschen.
Die Snowdon-Mountain-Railway ist eine Zahnradbahn und wurde bereits im Jahr 1896 eröffnet. Es fahren Dampf- und Dieselloks in einer Stunde zum Gipfel hoch. Die Fahrten mit der Dampflock sind leider häufig
auf Tage im Vorraus ausgebucht.Tatsächlich bieten sie auch etwas mehr Platz in den angehängten Waggons. Natürlich ist die Fahrt auch dementsprechend teurer.
Wir sitzen in unserem Waggon wie die Öl- sardinen in einer Dose. Jeder kann am Schweiß des Nachbarn teilhaben, ob er will oder nicht. Die Fenster sind nur begrenzt zu öffnen, so dass auch
kaum ein Luftzug für Kühlung sorgt. So keucht die Bahn dem Gipfel entgegen, lediglich unterbrochen von kurzen Aufenthalten, um hinabfahrenden Bahnen auszuweichen. Dann schwitzt man gleich noch ein kleines bißchen mehr.
Unser Zugführer ist ein walisischer Lachsack. Er unterhält sich mit zwei älteren walisischen Damen, die direkt hinter ihm sitzen und findet seine eigenen Wortbeiträge augenscheinlich so lustig, dass er ständig in explosionsartiges Gegacker ausbricht. Würden wir nicht so eingeklemmt sitzen, würden wir wahrscheinlich jedesmal vor Schreck von der Bank fallen.
Die Aussicht ist wunderbar. Grüne Hänge, einsame Gipfel, dazwischen liegende dunkle Seen und schroffe Abgründe. Leider durch das Fenster nicht wirklich gut zu fotografieren. Viele Wanderer kreuzen unsere Strecke, da der Llanberis Path direkt der Bahntrasse folgt. Teilweise tragen sie auch noch ihre kleineren Kinder auf dem Rücken. Hut ab! 

An der Bergstation angekommen hat man genau 30 Minuten für den Aufenthalt. Man muss die selbe Bahn wieder hinunter nehmen, ansonsten hat man nur die Chance den Rückweg zu Fuß anzutreten. Keine Ahnung, ob die Waliser nicht in der Lage sind das anders zu organisieren oder was sie sich dabei gedacht haben. Es macht den Aufenthalt auf dem Gipfel jedenfalls ein klein wenig unentspannt.
Zum Gipfelkreuz muss man noch ein wenig zu Fuß gehen und dann hoffen, dass man innerhalb dieser dreißig Minuten dort oben einen Platz bekommt. Wir schaffen es und haben sogar noch einen kleinen Moment Zeit uns an einen Abhang zu setzen und die einmalige Aussicht zu genießen. Wie bestellt, taucht dann auch noch ein Millitärflieger auf, der in leichter Schräglage zwischen den Gipfeln hindurchsaust.
Die Aussicht ist wirklich ein Traum, doch schöner wäre es, wenn es weniger voll wäre und wir etwas mehr Zeit hätten. Tja, aber es ist wie es ist. Wir können es nicht ändern.
Obwohl wir sicher sind, uns schrecklich beeilt zu haben, verpassen wir fast die Bahn. Da wir als letzte unser Abteil besteigen, müssen wir uns saugend-schmatzend in die Mitte setzen.

Dasselbe Prozedere wie zuvor und wir sind wirklich froh, als wir endlich wieder unten sind.
Nach einer Pause mit einer eiskalten Cola, gehts zurück zum Auto. Es ist noch nicht so spät, wir schauen noch bei einem in unserem
Reiseführer angepriesenen Wasserfall, den Swallow Falls in der Nähe von Betswy-y-coed, vorbei, den wir aber wenig spektakulär finden.
Den Abend verbringen wir am Strand von Llandudno und verzehren unsere mitgebrachten Aldi-Delikatessen, übrigens allesamt lecker, packen dann unsere Koffer, damit wir uns am nächsten Morgen
nach dem Frühstück auf den Weg machen können.
Ein letztes Frühstück in unserem Lieblings-Guesthouse, dann werden wir herzlich verabschiedet. Das Britannia-Guesthouse können wir wirklich uneingeschränkt weiterempfehlen.
Unser Ziel für heute ist das zirka 200 Kilometer entfernte Hay-on-Way. Eine kleine Stadt, direkt an der Grenze zu England, die wohl hauptsächlich aus Second-Hand-Buchläden bestehen soll. Eine Unterkunft haben wir nicht gebucht, wir lassen uns überraschen, was wir dort so finden.
Für diese Strecke nutzen wir wieder meine Freundin, die Dame im Navi mit der samtenen Stimme. Auf langen Strecken
hat sie sich bewährt. Diesmal führt sie uns erst kurz vor Hay-On-Way auf ihre eigenen Pfade und die sind tatsächlich mal ganz nett, denn es geht über eine mautpflichtige beampelte Brücke mit einem Brückenwärter, der zur Not auch das Geld einsammelt.
Der Second- Hand- Bücher- laden-Ort empfängt uns mit einem riesigen Parkplatz, auf dem sich natürlich auch der unvermeidliche Parkautomat befindet, diesmal in
einer besonders unverständlichen Version. Wir stehen Minuten davor und erhalten trotz mehrfacher Versuche keinen Parkschein. Bis sich eine Dame unser erbarmt und uns erklärt, dass wir die letzten Ziffern unseres Nummernschild mit eingeben müssen. Na, das nenn ich mal eine Idee, da wären wir in hundert Jahren nicht drauf gekommen. 
Wir schlendern durch den Ort, der wirklich reichlich Buchläden zu bieten hat, die mit interessanten Verbotsschildern aufwarten können.
Leider sind es natürlich haupt- sächlich englisch- sprachige Bücher, so dass wir nicht so wirklich etwas finden. Aber egal! Allein das Gucken ist schon interessant. Es gibt sogar Freiluftgeschäfte.
Ein wirklich schöner Ort, allerdings auch nicht sehr groß, so dass wir nach zwei Stunden durch sind.
Wir essen noch etwas, neben einer verfallenen alten Burg und überlegen dann, was wir nun weiter machen.
Es ist noch nicht spät, gerade erst kurz nach drei. Also holen wir unser Auto von dem interessanten Parkplatz und fahren weiter Richtung Oxford. Vielleicht können wir dort dann einen Tag länger bleiben. Schließlich hat Oxford eine Menge Sehenswürdigkeiten. Wir kommen in den Feierabendverkehr und sind froh, als wir bei einem spontanen Halt direkt an einem vernünftigen Hotel stehen. Ein verwunschen wirkendes, bewachsenes Steinhaus, das darüber hinaus eine ausgezeichnete Küche hat. Wir essen lecker im Garten, direkt neben einem intensiv duftenden Lavendelbeet. Danach sitzen wir lesend mit einem Wein an der alten Steinmauer, die den Garten umschließt. Auch ein schöner Ort. Morgen gehts weiter nach Oxford.










Wales VII: Snowdonia Nationalpark und Caernarfon Castle




Gestern Abend hatten wir versucht übers Internet Karten für die Snowdonrailway vorzubestellen, sind aber am Ausdrucken der Tickets gescheitert. Ein Laptop haben wir schon dabei, aber einen Drucker? Doch kein Problem, wir machen uns heute auf den Weg in den Snowdonia Nationalpark und werden dann in Llanberis stoppen und die Tickets direkt kaufen.
Wer auf den Gipfel des Snowdon will, übrigens  mit 1085 m der höchste Berg Wales, hat die Chance zu wandern oder mit der Snowdon Mountain-Railway hinaufzufahren.
Dass mit dem Wandern haben wir verworfen, nachdem wir uns die Schwierigkeitsgrade angesehen haben. Der leichteste Weg, den vielleicht sogar ich von der Steigung her schaffen könnte, hat hin und zurück eine Länge von 17 km. Mhhhmmm, da oute ich mich mal als Weichei, das trau ich mir nicht zu.
Also doch lieber mit der 1896 eröffneten Zahnradbahn hinauf auf den Snowdon. Da wir gestern auf der Internetseite waren, wissen wir, einfach hinfahren, Ticket kaufen und rauffahren funktioniert schon mal gar nicht. Wer morgens in der Hochsaison kommt, kann vielleicht am späten Nachmittag hinauffahren. Oder auch nicht.
Also frühstücken wir wieder zeitig, natürlich genauso lecker, wie an den Morgenden davor, und machen uns dann auf den Weg.
Wir wollen von Caernarfon aus eine Rundreise machen, über Llanberis, wo wir die Tickets kaufen werden, den Pen-y-Pass und Beddgelert zurück nach Caernarfon.
Der walisische Name für Snowdonia lautet Eryri und bedeutet Hochland. So erinnert uns die Landschaft in vielen Teilen an die schottischen Highlands, als wir hindurchfahren.
Llanberis ist schnell erreicht, schwieriger ist es einen bezahlbaren Parkplatz zu finden. Direkt an der Station der Zahnradbahn verlangen sie tatsächlich 6 £ fürs Parken, und zwar unabhängig davon wie lange man dort steht. Wir wenden gefühlte zehnmal, bis wir ein Stück weiter einen Platz finden, an dem die erste halbe Stunde frei ist.
Die Tickets sind schnell gekauft. 27£ pro Person für den Rauf-und-Runter-Service! Morgen 12.30 Uhr startet unsere Diesellok. Mit der Dampflok wäre es erst in drei Tagen möglich gewesen.
Hinter Llanberis kann man die Hinterlassenschaften des Schieferabbaus bewundern. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob bewundern der richtige Ausdruck ist. Der im Tagebau gewonnene Schiefer hinterließ eine zerklüftete, ja, angefressen wirkende Felswand. Irgendwie schon fast wieder faszinierend.
Danach steigt die Straße zum Pen-y-pass an, doch es gibt nur wenige Möglichkeiten irgendwo an der Straße zu halten. In den von Steinen eingefassten Park- oder Haltebuchten stehen dicht gedrängt die Autos der Bergwanderer. Immer wieder sehen wir Menschen vor ihrem geöffneten Kofferraum beim Wechseln der Schuhe und Schnüren der Rucksäcke. Ein Volk von Wanderern.

Llyn Gwynant
Der Parkplatz oben am Pass ist voll, auch an der Jugendherberge kein Platz mehr. Wir halten an der Straßenseite, steigen trotzdem aus und machen ein paar Fotos, bevor wir weiter fahren. Unglaublich wieviele Menschen hier tatsächlich wandern gehen, Menschen jeden Alters, wohlgemerkt, Kinder, Erwachsene und auch deutlich Ältere.
Bedgellert
Weiter gehts Richtung Beddgelert, nur unterbrochen von einem kurzen Stop am Aussichtspunkt Gueastadanas und am Llyn Gwynant. Der liegt zauberhaft in den Bergen, kleine, einsame Buchten gewähren einen idyllischen Blick aufs dunkle Wasser. Thias kommt das ganze irgendwie bekannt vor, bis er feststellt, dass auf dem Campingplatz am See im Februar der Treffpunkt der Dragonralley war. Ja, manchmal landet man ungewollt an bekannten Orten.
Beddgelert entpuppt sich als kleiner, charmanter Ort, am River Glaslyn. Wir finden einen öffentlichen Parkplatz, an dem wir ungewöhnlicherweise einmal nichts bezahlen müssen, allerdings nur, weil der Automat kaputt ist, schlendern dann ein wenig durchs Dorf, schauen in einige Läden und überlegen, warum es hier eigentlich so voll ist. Später lese ich von der Legende von Gelert´s grave, in der der walisische Fürst Llewellyn glaubt, sein Hund Gelert hätte sein Baby angegriffen und das Tier aus dem Affekt heraus tötet, nur um darauf festzustellen, dass der getötete Hund sein Baby gegen einen Wolf verteidigt hat. Tja, irgendwas ist immer.Wahrscheinlich ist das hier das Mekka aller Hundefreunde und traurige Geschichten üben natürlich stets eine große Anziehung aus.
Caernarfon Castle
Wir verlassen diesen idyllischen, tragischen Ort und fahren zurück Richtung Caernarfon. Dort gibt es natürlich auch eine Unesco-Weltkulurerbe-Burg und da wir noch Zeit haben, kommt auch die mit ins Besichtigungsprogramm.
Caernarfon Castle ist eine der größten mittelalterlichen Burgen der Welt und wir sind gebührend beeindruckt als wir durch die Hitze über den asphaltierten Parkplatz gehen. Den bleibenderen Eindruck hinterlässt bei uns allerdings die Veranstaltung, die an diesem Sonntag im Inneren der Burgmauer stattfindet. Klassische Musik erschallt aus einer Ecke des Hofes und wir sehen Mädchen in pastellfarbenen Ballkleidern über die Wiese schreiten.














Vor einer dreiköpfigen Jury zelebrieren sie den Hofknicks, raffen ihre Röcke, und sind in der Lage so wichtige Dinge zu zeigen, wie  gemessenen Schrittes

anmutig eine Distanz zu überwinden. Ja, und um sie herum sitzen ihre weniger anmutigen Mütter, wahrscheinlich in der Hoffnung ihren eigenen Kindheitstraum zu erfüllen. Unglaublich. Wir suchen uns eine Bank und sehen dem Treiben interessiert und amüsiert zu.
Für die verschiedenen Altersstufen werden sogar Pokale vergeben. Allerdings sind wir als Kontinental- europäer wahrscheinlich nicht in der Lage die feinen Nuancen zu bemerken, nach denen hier über Erfolg oder Mißerfolg entschieden wird.
Um die schönen Kleider nicht zu beschmutzen, müssen die Mädchen auch nach ihrem Auftritt, die weiten Röcke um sich ausgebreitet, auf einer Decke in der Sonne verharren. Von den Türmen der Burg wahrhaftig ein skuriler Anblick.
Die Burg selber ist wirklich wunderschön, doch wir sind irgendwie ein wenig abgelenkt heute durch all die Barbiepüppchen um uns herum.
Schließlich begeben wir uns auf die Mauern, verlaufen uns kurzfristig in den Wehrgängen und statten dem Museum of the Royal Welsh Fusiliers einen kurzen Besuch ab. Können dabei von oben immer noch einmal das Treiben dort unten im Hof betrachten.

Caernarfon Castle gefällt uns fast so gut wie Conwy, aber eben nur fast.
Zurück in Llandudno machen wir noch eine Pause in unserem wunderschönen Guesthouse. Morgen früh müssen wir unser Zimmer räumen, wir haben nur bis morgen vorgebucht, können aber glücklicherweise einen Tag länger bleiben, sonst wäre das mit der Snowdon-Mountainrailway schwierig geworden. Allerdings müssen wir deshalb in ein anderes Zimmer wechseln. Was uns schwer fällt, dieses Zimmer ist ein wenig Zuhause für uns geworden.
Zum Abendessen gehts wieder die Promenade entlang zum Kings Head auf ein leckeres Schwarzbier und ein zünftiges Mahl im Biergarten. Alles genauso gut wie beim ersten Mal.
Als wir mit vollem Magen an der Promenade zurückschlendern, während über dem Great Orm die Sonne langsam versinkt, treffen wir auf die musikalische Darbietung, die ich bereits in der Postkarte aus Llandudno beschreiben habe. Auch im Rückblick ist das immer noch ein Highlight. All diese Menschen laut und voller Inbrunst singend, sitzend auf den rot-weiß-gestreiften Liegestühlen oder den allgegenwärtigen Bänken, den Anblick werde ich nie vergessen.




Nur damit ihr wisst wovon ich spreche, hier ein kurzes Video. Sicher kein akkustisches Highlight, aber irgendwie berührend, wenn man das so von hinten betrachtet. Vor allen Dingen, als alle aufstehen und die Nationalhymnen mit zittrigen Stimmen mitsingen. Und dann noch der Esel königlich zwischen ihnen hindurchschreitet. Nach wie vor einer der skurilsten Momente unseres Urlaubs. Schade, dass ich die Kamera zu dem Zeitpunkt schon weggesteckt habe.