Kairo und Hurghada 2008 - Reisen mit Teenagern

In Hamburg liegen die Frühjahrsferien nicht wie in allen anderen Bundesländern um Ostern herum, sondern bereits früh im März. Eigentlich gedacht für all die Winterbegeisterten, die in den Schnee wollen. Zum Skilaufen oder Snowboarden. Doch diese Jahreszeit eignet sich auch ganz besonders, um nach Ägypten zu reisen. Das Klima ist für uns Norddeutsche dann sommerlich, irgendwo zwischen 25 und 30°, und noch nicht so unerträglich wie im tatsächlichen ägyptischen Sommer.
Gebucht hatten wir zwei Wochen Hurghada im Albatros Beach Hotel, in dem wir auch nach unserer Nilkreuzfahrt 2005 waren. Während dieser Zeit wollten wir außerdem nach Kairo, doch das wollten wir vor Ort buchen.
Hurghada ist ein absolut künstlicher Ort, der wenig mit dem tatsächlichen Ägypten zu tun hat. Wer den Ort vor knappen vierzig Jahren besucht hätte, wäre lediglich auf eine verstaubte Ölfördersiedlung gestoßen, ein Außenposten zwischen Wüste und Meer. Keine Tauchbasen, keine Badegäste. Inzwischen besteht er hauptsächlich aus riesigen Hotelanlagen, das im Norden gelegene Viertel der Ölfördersiedlung gilt jetzt als Altstadt ad-Dahar (Downtown). Wirkliche Einheimische sind so gut wie nicht zu finden, hauptsächlich leben hier Männer aus den verschiedensten Gebieten Ägyptens, die durch ihre Arbeit im Tourismus ihre weit entfernt lebenden Familien unterstützen.
Hauptatraktion Hurghadas ist natürlich das Rote Meer, die vorgelagerten Riffe.  Obwohl diese durch die ankernden Boote der Tauchtouristen, die hohe Anzahl durchgeführter Tauchgänge mit teilweise schlecht ausgebildeten Sporttauchern und dem mangelnden Umweltbewusstsein der einheimischen Bevölkerung schon schwer beschädigt sind. Trotz alledem ist die Unterwassserwelt einfach zauberhaft, selbst beim schnorcheln hat man das Gefühl in einer anderen Welt unterwegs zu sein. So wird dieser Urlaub dann auch hauptsächlich ein Bade- und Tauchurlaub mit vielen Bootsausflügen.
Unterbrochen von den täglichen Mahlzeiten, die im Hotel inklusiv waren, genauso wie die Getränke. Was gelegentlich zu Szenarien führte, die sich uns und unseren Kindern auf Dauer eingeprägt haben.
Am Nachbartisch saßen beim abendlichen Dinner zwei russische Pärchen, die vom Buffet diverse turmhoch gefüllte Teller samt Getränke an ihren Tisch geschleppt hatten. Gut, wir hatten bereits beobachtet, dass Reisende aus Russland dazu neigten Unmengen auf ihre Teller zu füllen. Hier aber
kamen plötzlich noch zwei Personen dazu, die nicht mehr an den Tisch passten. So suchten alle gemeinsam einen Tisch für 6 Personen, hinterließen Speisen und Getränke unberührt und begannen die Prozedur von vorne. Ich habe meine Kinder selten so fassungslos gesehen. Die ägyptischen Kellner
räumten irgend- wann ohne eine Miene zu verziehen die vollen Teller ab und ich habe mich wirklich fremdgeschämt. Was für einen Einduck bekommen die von westlichen Touristen? Für mich war das ein Grund zur Abkehr von den All-Inklusiv-Reisen. So etwas geht gar nicht!
Da wir alle nicht in der Lage sind zwei Wochen nur badend, schnorchelnd und tauchend zu verbringen, buchten wir eine Zwei-Tagesreise nach Kairo. Tatsächlich werden diese Reisen auch für nur einen Tag angeboten. Wer aber weiß, dass man für die Busfahrt von Hurghada nach Kairo fast sieben Stunden braucht, wird sich das gut überlegen.
Wir waren eine kleine Reisegruppe, bestehend aus zehn Personen und deshalb mit einem Minibus samt Fahrer und Reiseführer unterwegs. Und weil Bilder viel mehr sagen als tausend Worte, kommen hier jetzt geballte Kairoimpressionen:
Familienfoto vor der Stufenpyramide des Pharao Djoser - bereits 2650 vor Chr. errichtet

Kobrafries der Kapelle des Südgrabs          
Kairo - von Staub und Sand eingehüllt unter blauem Himmel
Müll - wohin das Auge auch blickt - Armut stärkt nicht das Umweltbewusstsein
Die Pyramiden von Gizeh - die Stadt ist schon gefährlich nahe herangerückt
Manchmal muss man sich ein wenig abseits setzen - und staunen

Familienfoto vor der Cheopspyramide
Die Sphinx - erhaben blickt sie über all die Touristen in die Ferne
Kameltransport vor Kairos Skyline - unser Busfahrer gab wirklich alles, um sie einzuholen - die Kamele blicken auch ziemlich erhaben.                                                                                                                                                                               



Verkehrsschild
Alabastermoschee
Khan El-Khalili Basar
Transportiert wird alles auf abenteuerliche Weisen - und Stromleitungen hängen wie Spinnenweben quer über die Gassen
Kairo ist unglaublich beeindruckend. Laut. Und staubig. Der Verkehr in dieser Stadt ist atemberaubend. Auf einer Fahrspur geht es in unterschiedlichste Richtungen, Eselskarren, Kamele, rostige Vehikel, Luxuskarossen, Motorräder, stinkende Lastwagen, alles durcheinander, alle hupend. Ich wüsste nicht, wie man hier als Fußgänger die Straße überqueren sollte. Glücklicherweise mussten wir das nicht!
Die Stadt wächst unkontrolliert in alle Richtungen, die meisten Wohnungen werden illegal errichtet. Häusereinstürze sind deshalb keine Seltenheit. Selbst die Totenstädte sind bewohnt, hier haben sich die Ärmsten der Armen eingerichtet, 150.000 Menschen sollen hier leben.
Zwei Tage werden dieser Stadt nicht gerecht. Man hetzt durch alle Sehenswürdigkeiten, schiebt sich gemeinsam mit tausenden Touristen durchs ägyptische Museum, vorbei an Tut-anch-Amuns Totenmaske, den Grabbeigaben und der Mumie Ramses II. Richtig realisieren kann man es kaum. Es fehlt die Zeit zum Luftholen und kaum haben wir ein Gefühl für diese scheinbar nie schlafende Stadt bekommen, haben wir sie auch schon wieder verlassen. Man braucht auf jeden Fall mehrere Tage für die Mutter aller Städte, El-Qâhira, die Siegreiche.
Zurück in unserem Badehotel in Hurghada brauchen wir erst einmal eine Pause. Zum Teil auch wegen der bei einigen einsetzenden kaum zu vermeidenden Durchfallerkrankungen. Kleiner Tipp - nutzt die ägyptischen Medikamente, die wirken besser. Ägyptische Medizin gegen ägyptische Bazillen.
Wir haben dann noch einen weiteren Ausflug gebucht. Von Hurghada aus mit dem Quad zum Sonnenuntergang in ein Beduinendorf in die Wüste, mit Kamelritt. Man kann sich in etwa vorstellen, was da auf einen zukommt, nämlich so eine richtig touristische Veranstaltung.
erst wird man vermummt - so beduinenmäßig - oder wie wir uns beduinenmäßg vorstellen
Dann fährt man ewig lange mit dem Quad durch staubige Geröllwüste - bis man richtig dreckig ist
dann reitet man auf Kamelen einmal um einen Geröllhügel
dann schaut man einer Dame beim Brot backen zu, raucht eine Shisha und trinkt einen starken Mokka
und schließlich sitzt man mit 150 anderen Touristen und diversen Kameramännern, die die Touristen filmen, auf einem Hügel und schaut wie die Sonne rasch hinter den gegenüberliegenden Gipfeln versinkt. Ein Traum. Und so authentisch...
Wir hatten trotzdem unseren Spaß. Vor allen Dingen die Kinder beim Quad fahren. Zurück gings übrigens im Dunkeln, was angesichts des Untergrundes keine Spazierfahrt war.
Die restlichen Tage waren dann wirklich nur noch reine Badeurlaubstage. Faul und absolut erholsam. Nur abends haben wir uns gelegentlich gefragt, warum und mit was die Gartenanlage ständig vernebelt wurde. War sicher ganz ungefährlich. Jedenfalls haben wir nichts nachbehalten ;-)












Ägypten 2005 - eine Familienreise in eine fremde Kultur

Ich weiß bis heute nicht, ob meine Liebe zu Ägypten hervorgerufen wurde durch dieses Buch oder ob meine Liebe zu dem Buch hervorgerufen wurde durch meine Liebe für alles Ägyptische. Welches Buch? Sinuhe der Ägypter von Mika Waltari. In meinem Regal steht eine wirklich zerlesene Ausgabe des Bertelsmann Leserings von 1959. Wohl ein dutzend Mal habe ich die ersten Sätze in mich hineingesogen.


"Dieses schreibe ich, Sinuhe, der Sohn Senmuts und seines Weibes Kipa - nicht um die Götter Kêmets zu preisen, denn der Götter bin ich überdrüssig - nicht um Pharaonen zu verherrlichen, denn auch ihrer Taten bin ich müde. Sondern um meiner selbst willen schreibe ich es, weder um Göttern und Königen zu schmeicheln, noch aus Furcht oder auch einer Hoffnung auf die Zukunft. Denn im Verlaufe meines Lebens habe ich so vieles erfahren und verloren, dass keine eitle Furcht mich quält, und des Hoffens auf Unsterblichkeit bin ich müde wie der Götter und der Pharaonen. So schreibe ich dieses nur für mich selbst und glaube, mich dadurch von allen Schreibern der Vergangenheit wie auch der Zukunft zu unterscheiden."

Was ich noch weiß ist, wie schwer es mir mit knapp vierzehn Jahren fiel mich auf den altmodisch anmutenden Schreibstil einzulassen. Doch die Geschichte fesselte mich so, dass auch der Schreibstil irgendwann meinen Lesefluss nicht mehr verlangsamte. Seitdem wollte ich nach Ägypten. Aber wie es im Leben häufig ist, musste ich viele Jahre darauf warten. Während Ausbildung und Studium blieb für so etwas kein Geld über und danach, mit kleinen Kindern schon mal gar nicht. Im Jahr 2005 waren die Kinder dann nicht mehr so klein, die Tochter 14, der Sohn 10 und irgendwie war grad genug Geld für so eine typische Pauschalreise über. Eine Woche Nilkreuzfahrt, eine Woche baden in Hurghada. Heute würde ich so etwas wahrscheinlich nicht mehr buchen, doch als erste Berührung mit Land und Leuten gemeinsam mit den Kindern war es ideal. Obwohl die Wahl unseres Reisezieles gerade auch wegen der Kinder bei einigen im Bekanntenkreis auf Unverständnis stieß.
Wir landeten also in Luxor, was mir ganz wichtig war. Manche der Pauschalreisen waren damals so gestrickt, dass Ankunftsflughafen Hurghada war und man dann noch einige Stunden Wüstenbusfahrt vor sich hatte. Das wollte ich den Kindern und uns gerne ersparen.
Durch unsere Ankunft auf dem Nilkreuzfahrtschiff wurde das Durchschnittsalter der Reisenden imens gesenkt. Es gab keine anderen Kinder an Bord und die meisten Passagiere waren bereits im Rentenalter. Doch irgendwie war das überhaupt kein Problem. Selbst das frühe Aufstehen für all die Ausflüge und Besichtigungen ging komplett ohne Gemecker.
Es gab zwei Reiseführer auf dem Schiff. Unsere Gruppe wurde von Mohammed geleitet, dessen Nachname ähnlich klang wie Schatzeli.
Durch sein Studium in der Schweiz war das zu einer Art Spitzname geworden und so hieß unser Reiseführer dann Schatzeli. Was die Kinder ziemlich komisch fanden.
Schatzeli hatte ein sehr umfangreiches Wissen, konnte sehr anschaulich erzählen und führte uns durch all die Tempel und Sehenswürdigkeiten Oberägyptens, die zu so einer Nilkreuzfahrt dazugehörten. Das Tal der Könige, den Hatschepsuttempel, Karnak, den Amuntempel in Luxor, die Memnonkolosse, den Doppeltempel von Kom Ombo, den unfertigen Obelisken, den Assuanstaudamm und, und, und...
Amuntempel in Luxor
Karnak - ein Tempel der Superlative
Und obwohl unsere Kinder sicher nicht jedes Detail verstanden haben und manchmal auch auf ihren eigenen
Pfaden in den Tempeln unterwegs waren, wenn es zum Beispiel darum ging die eine oder andere Katze zu ent- decken, waren sie immer mit Interesse dabei. Außerdem hatten die meisten aus unserer Gruppe ein offenes Ohr für die Beiden und auch immer ein Auge auf sie. Apropos unsere Gruppe: Auf unserem Schiff war auch ein Paar aus dem Ruhrpott auf Hochzeitsreise. Die frisch Vermählte war bei
jeder Besichtigung dabei, während ihr Angetrauter sich
die Zeit auf einer Sonnenliege des Oberdeckes vertrieb, wobei er ein bis zehn Bierchen trank. Von unseren Kindern erhielt dieser den Namen das Brathuhn, da er seinen üppigen, glänzenden Körper die ganze Zeit brutzelnd in der Sonne wendete. Sein Anblick trug ziemlich zu unserer Erheiterung bei.
Besonders beeindruckend war der Ausflug mit dem Buskonvoi durch die Wüste nach Abu Simbel. Dafür mussten wir tatsächlich bereits in aller Dunkelheit um drei Uhr morgens aufstehen. Am Abend zuvor wurde an Bord ein Film über die dramatische Rettung und die Versetzung dieses Tempels gezeigt, so dass wir vorab schon alle gut informiert waren. Ich habe nicht mehr genau in Erinnerung wie lang diese Fahrt durch die Wüste dauerte. Einige Stunden waren es aber sicher. Währenddessen ging die Sonne rotgolden über den Sanddünen auf, das war so schön, dass es sicher auf jeder Ansichtskarte kitschig gewirkt hätte.
Abu Simbel ist in seiner Erhabenheit einfach unübertroffen. Keines unserer Fotos gibt das auch nur ansatzweise wieder. Ich hatte mir fest vorgenommen dort noch ein zweites Mal hinzureisen, so dass mehr Zeit bleibt diesen Tempel auf sich wirken zu lassen. Wenn die Reisegruppen weg sind, in der Dämmerung vielleicht. Leider sind bisher acht Jahre vergangen und ich war noch nicht wieder da. Doch ich bin mir sicher, dass ich die Statuen Ramses II. und seiner Frau Nefertari wiedersehen werde.






Wunderschön war es auch oben an Deck zu sitzen und die archaische Landschaft an sich vorbeiziehen zu sehen. Oftmals hatten wir das Gefühl diese Szenen hätten sich auch vor zweitausend Jahren abspielen können.



























Wir haben natürlich nicht wirklich am ägyptischen Leben teilgenommen. Wir waren lediglich Zaungäste, die mit ihren westlichen Vorstellungen in einer gänzlich anderen Kultur unterwegs waren. Manche davon auch mit null Verständnis oder Rücksichtnahme auf die dortigen Wertvorstellungen. Gelegentlich habe ich mich
auf unserem Schiff gefragt, auf welcher Seite jetzt eigentlich der Zoo ist. Und was die arbeiten- den Menschen am Flussufer wohl von den kaum bekleideten Touristen halten mögen, die neugierig zu ihnen hinüberblicken, während sie vollklimatisiert, satt und zufrieden an ihnen vorübergleiten.
Nur gelegentlich gab es Berührungspunkte. Beim Besuch eines Nubischen Dorfes. Wo einem noch einmal klar gemacht wurde wie sehr wir von diesem einfachen und oftmals schweren Leben entfernt sind. Der Besuch der dortigen Toilette, die für die Gegebenheiten wirklich sauber war, aber kein fließendes Wassser hatte und eigentlich lediglich aus einem Loch im Boden und einem Eimer zum spülen und zum reinigen bestand, war für einige ein einschneidendes Erlebnis.
















































Auch unser Ausflug mit einem Motorboot bei Assuan, der uns für über eine Stunde auf dem Wasser festhielt, während der Bootsführer mit stoischer Gelassenheit versuchte den defekten Motor zu reparieren und um uns herum Kinder in kleinen Holzbooten auftauchten, die für einen Euro laut und in hohen Tönen  "fideralala, fideralala" aus der Vogelhochzeit trällerten, war eine besondere Situation.
Und der Besuch auf der Brücke unseres Nilkreuzfahrtschiffes, das ein Kapitän steuerte, der weder lesen
noch schreiben konnte, außer das Wasser des Nils, das für uns ein Buch mit sieben Siegeln blieb, während er jede Untiefe an den Wellenbewegungen erkennen konnte.
Tatsächlich war dieser Urlaub der Beginn einer besonderen Beziehung zu diesem Land. Wir und auch unsere inzwischen erwachsenen Kinder würden immer wieder gerne dorthin reisen. Und hoffen, dass das bald wieder möglich ist.
Ausklingen lassen haben wir unseren Urlaub mit einer Woche baden und tauchen in Hurghada. Das wirkliche Ägypten wird man hier nicht finden, doch um all die Eindrücke zu verarbeiten, war das genau der richtige Abschluss.