Robben Island - Gefängnisinsel vor Kapstadt

Glücklicherweise haben wir uns gleich an unserem ersten Tag in Kapstadt um Tickets bemüht. Und glücklicherweise sind wir sechs Tage hier. So schaffen wir es tatsächlich am Tag vor unserer Abreise Robben Island zu besichtigen.
Ihr kennt Robben Island nicht? Robben Island ist eine kleine Insel in der Tafelbucht im Atlantik. Sie liegt etwa 12 Kilometer vor Kapstadt und hat eine lange Geschichte als Sträflingskolonie und Gefängnisinsel. Niemandem soll von dort jemals die Flucht gelungen sein. Die starke Strömung hier sorgte dafür, dass die wenigen, die es versucht haben jämmerlich ertrunken sind. Südafrika internierte hier in der Zeit der Apartheid vor allem politische Gefangene. Bekannt ist die Insel vor allen Dingen deshalb, weil Nelson Mandela hier 18 lange Jahre seiner Haft verbrachte, von 1964 bis 1982 wurde er hier gefangen gehalten.
Alles was irgendwie mit Nelson Mandela zu tun hat, ist in Südafrika immer stark besucht, so natürlich auch die Gefängnisinsel Robben Island. Tickets sind meist tagelang im voraus ausverkauft, man tut also gut daran sich rechtzeitig darum zu kümmern. Man erhält sie online unter www.webtickets.co.za oder direkt am Nelson Mandela Gate an der V&A Waterfront (direkt am Clocktower). Dort startet auch die Überfahrt nach Robben Island.
Wir haben, wie schon die ganze Zeit in Kapstadt, wahnsinniges Glück mit dem Wetter. Die Sonne strahlt vom tiefblauen Himmel und lässt uns glauben, dass der südafrikanische Winter tausend mal besser als unser Sommer ist. Allerdings soll er sich nicht immer so gestalten, tatsächlich ist es hier zu dieser Jahreszeit wohl meist deutlich kühler und regnerischer.
Kühl ist es auch auf der fast halbstündigen Überfahrt, man ist gut beraten, wenn man sich hierfür warm anzieht. Unser Besuch der Gefängnisinsel beginnt auch in dem Hafen, in dem die Gefangenen damals ankamen. Große Tafeln an der Hafenmauer zeigen Fotos aus der Zeit.
Nelson Mandela hatte übrigens bei seiner Ankunft auf der Insel kein solches Glück mit dem Wetter. 1964 war einer der kältesten Winter in Südafrika und als Mandela auf Robben Island eintraf pfiff der Wind eiskalt über die karge Felseninsel. Was für ein Gefühl muss es gewesen sein hier in dünner Kleidung, barfuss zu stehen und auf Gedeih und Verderb einem Unrechtssystem und deren Wärtern ausgeliefert zu sein? Ich kann es mir nicht vorstellen.
Wir werden auf Busse aufgeteilt und machen eine Inselrundfahrt. Es ist ziemlich voll, ab und zu wird gestoppt, damit man sich den dörflichen Ort ansehen kann. Hier leben heute die Angestellten samt ihren Familien. Es gibt eine Grundschule, eine Kirche, ein Postamt und eigentlich alles was die Bewohner brauchen. Die gab es auch schon zu Zeiten der Apartheid, als die Insel noch Gefängnisinsel war.  Damals wohnten hier die Aufseher, das Gefängnispersonal. Erbaut wurde es zum großen Teil von den Gefangenen.
Wir kommen auch am ehemaligen Steinbruch vorbei, in dem die Gefangenen Schwerstarbeit leisten mussten, häufig ohne dass diese einen Sinn machte. Der blendendweiße Kalkstein sorgte außerdem dafür, dass viele Gefangenen ihr Leben lang mit Augenleiden zu kämpfen hatten. Überall herrschte Gewalt.An manchen Tagen sollen besonders verhasste Gefangene bis zum Hals eingegraben worden sein, um ihnen dann auf den Kopf zu pinkeln. Unglaublich.
Die wenigen kurzen Pausen in der oben zu sehenden Höhle wurden genutzt um Bildung weiterzugeben. Heimlich natürlich. Zumindest bis 1966. Danach durften die Gefangenen im Steinbruch miteinander reden. Eine der Erleichterungen, die Mandela mit konsequenter Beharrlichkeit durchsetzen konnte.
Am beeindruckensten und bewegensten ist allerdings der zweite Teil der Besichtigung. Wir halten am Gefängniss und werden von ehemaligen Insassen in Gruppen hindurchgeführt. Wir werden gebeten in einer Zelle Platz zu nehmen. Unser Führer erzählt uns, dass in diesem Raum sechzig Personen geschlafen haben. Er auch. Sechzig? Wie haben die hier hinein gepasst? Er berichtet uns, dass die Gefangenen hier so eng lagen, dass es nur gemeinschaftlich möglich war sich umzudrehen. Als Bett diente eine dünne Sisalmatte, die auf dem nasskalten Steinboden ausgerollt wurde.
Dieses regelmäßige Umdrehen hatten die Gefangenen so verinnerlicht, dass, als die Stockbetten hier als Verbesserung Einzug fanden, viele aus den Betten fielen. Unvorstellbar.
Die Häftlinge wurden nach Hautfarbe eingeteilt und erhielten unterschiedliche Verpflegung und Bekleidung, je dunkler die Hautfarbe desto schlechter wurden sie versorgt. Besonders die Schwarzen mussten unter den Erniedrigungen leiden. Ob Sommer oder Winter, sie durften nur kurze Hosen und T-Shirts tragen. Schuhe waren gar nicht erlaubt. Wir bekommen einige persönliche Erlebnisse geschildert, während dem ehemaligen Gefangenen die Tränen in die Augen steigen. Unglaublich was Menschen ertragen können. Noch unglaublicher erscheint mir die Tatsache, dass hier heute ehemalige Insassen gemeinsam mit ihren ehemaligen Wärtern leben und arbeiten. Wenn Menschen in der Lage sind so ein Unrecht zu verzeihen, scheinen Wunder möglich zu sein. Vielleicht hat diese Nation doch die Möglichkeit als Regenbogennation zusammenzuwachsen. Ich hoffe es.
Wir wechseln über den Hof hinüber in den Trakt, in dem die Zelle von Nelson Mandela lag. Ein langer Gang führt dorthin. Eine Matte, eine
Decke, ein kleiner Tisch und ein Eimer, der als Toilette diente, befinden sich in diesem Raum - mehr nicht. Eigentlich eher unspektakulär. Und doch, auf diesen zwei mal zwei Metern fand viele Jahre ein Großteil seines Lebens statt. Mandela hat immer auf Privilegien verzichtet, er wolle nicht mehr und nicht weniger haben, als die anderen Gefangenen, wird uns erzählt. Mandela hat für die Rechte der Gefangenen gekämpft. Beharrlich, immer freundlich, aber bestimmt. Und tatsächlich gelang es ihm im Laufe der Jahre zumindest einige Erleichterungen zu erreichen.
Nach dem Rundgang verabschiedet sich unser Führer per Handschlag. Unsere Gruppe ist ruhig und irgendwie ergriffen, viele scheinen sehr bewegt, einzelne haben Tränen in den Augen.Was für eine Größe freiwillig an diesem Ort zu verweilen, gemeinsam mit den ehemaligen Wärtern. Doch wer könnte die Geschichte dieses Ortes besser erzählen, als jemand, der hier inhaftiert war.
Wir verlassen diese Insel mit einem mehr an Wissen über die Geschichte Südafrikas, aber vor allen Dingen mit Hochachtung vor diesen Menschen.

2 Kommentare:

  1. Grausam klingt das alles und erschreckend finde ich, dass es heute immer noch Gefängnisse gibt, in denen ähnliche Bedingungen herrschen. Technologisch hat sich der Mensch immer mehr entwickelt, die Menschlichkeit konnte dabei nicht immer Schritt halten.
    Von Robben Island habe ich tatsächlich noch nie etwas gehört, danke für den sehr interessanten Ausflug.

    Wünsche Euch einen schönen Silvesterabend und guten Start im Neujahr!

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  2. Danke und dir natürlich auch ein wunderbares 2015, ich bin schon ganz gespannt auf deine weiteren Israelberichte :)
    Tja, und auch ich wundere mich immer wieder, was Menschen Menschen antun können. Gerade deshalb bin ich so beeindruckt von der Größe der ehemaligen Gefangenen, die es schaffen mit diesem erlebten Unrecht umzugehen ohne sich Hass und Vergeltungswünschen zu ergehen.

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