An den Elbufern - Festungen, Fähren und Oldtimer

Weiter gehts an der Elbe entlang. Diesmal allerdings die andere Elbseite. Verlassen wir also die Hansestadt und finden uns erstmal in Niedersachsen wieder.
Am Sperrwerk Estemündung halte ich am Parkplatz und blicke hinüber zum teuren Süllberg, wo es so lecker Kaffee und Kuchen mit besonderer Aussicht gibt. Doch heute habe ich erst einmal ein anderes Ziel. Die Festung Grauerort, die die Preußen in den achtzehnhundertsiebzigern auf dieser Elbseite unweit der Stadt Stade errichteten, um die Elbe und vor allen Dingen den Hamburger Hafen vor feindlichen Schiffen zu schützen.
Auto geparkt und ab gehts Richtung Festung. Die Bummelbahn, die Besucher durch das Gelände fährt, sehe ich nur noch im Grün verschwinden. Dafür stehen bereits auf dem Parkplatz ungewöhnliche Fahrzeuge. Sicher nicht aus diesem Jahrhundert blitzt gewienerter Chrom amerikanischer Limousinen in der Vormittagssonne. In der Festung findet heute ein Mopartreffen statt. Was das ist? Wusste ich auch nicht, wurde aber aufgeklärt, dass sich hier Leute treffen, die sich für Oldtimer der Chrysler Corporation begeistern. So finden wir also in der Festung Grauerort lauter farbenfrohe Autos.
Um mich herum Benzingespräche und ebensolcher Duft, während ich über das Gelände schlendere. Ein reizvoller Kontrast, all diese besonderen Fahrzeuge in der alten Festung.
Genau. Die Festung. Eigentlich bin ich ja deswegen hier. Vor einiger Zeit lief im Fernsehen ein kurzer Bericht darüber. Doch irgendwie vermisse ich hier die "Festungsatmosphäre". Alles wirkt auf mich ein wenig lieblos restauriert, Gehwegplatten aus Waschbeton auf den Dächern unter denen die Plastikfolie herausschaut, es stehen Dinge herum, deren Zweck sich dem Besucher nicht wirklich erschließt. Doch natürlich muss man berücksichtigen, dass hier lediglich ein Förderverein am Werk ist, der wahrscheinlich nicht über großartige finanzielle Mittel verfügt. Und sein Bestes versucht. Außerdem habe ich keine Ahnung, in welchem Stadium des Verfalls sich die Festung bereits befand. Wie auch immer, ich hatte mir mehr davon versprochen.
Nachdem ich ausgiebig herumgegeistert bin und außerdem ein leckeres Eis gegessen habe, gibt es noch eine Pause am Elbstrand. Hier rostet eine alte Seebrücke vor sich hin, die aber gesperrt ist. Was einzelne Besucher nicht hindert sie trotzdem zu erklimmen.
Die Sonne scheint, es weht die typische Brise von der Nordsee herüber, der Sand hat fast Südseequalität und man braucht nicht mal die Augen zu verschließen, um sich vorzustellen man wäre im Urlaub. Nach einer Stunde in der Sonne und dem vagen Gefühl, dass sich da der erste Sonnenbrand im Jahr auf meinen Armen ankündigt, wird es Zeit weiterzufahren. Was mache ich nun mit dem angefangenen Tag?
Die Elbfähre Glückstadt-Wischhafen - oder in diesem Fall besser Wischhafen-Glückstadt - ist nicht weit entfernt. Statt an der Elbe, kann man ja auch mal auf der Elbe fahren. Gesagt - getan.Wegen des guten Wetters muss ich allerdings eine halbe Stunde Wartezeit in Kauf nehmen, bevor auch mein Auto einen Platz auf der Fähre bekommt. Los gehts!
An dieser Stelle ist die Elbe bereits 3,5 Kilometer breit. Man benötigt fast 25 Minuten, um auf die andere Seite zu gelangen.
Während der Fahrt begegnen einem die anderen drei Fähren, die im Wechsel über die Elbe und wieder zurück schippern. Jede hat Platz für zirka 60 Autos. Und darüber hinaus natürlich auch noch reichlich Fahrräder, Fußgänger und LKWs. Der Preis für ein Durchschnittsauto - so wie mein Passat - beträgt  8 €, jede Person ist mit 2 Euro dabei. Während der Überfahrt kann man wunderbar den Seglern zusehen, die hier Wind und schönes Wetter zu genießen scheinen.
Ja, und schon ist man in Schleswig Holstein.
Meine Idee noch einen Abstecher nach Friedrichskoog zu machen - das ich als ausgesprochen idyllisch in Erinnerung habe - bescherrt mir eine Überraschung. Als ich das letzte Mal vor vielen Jahren hier war, gab es einen pittoresken Hafen, bunte Schiffe auf dem Wasser, etliche Lokalitäten und Fischgeschäfte und überhaupt war es ein netter Ort. Heute macht er nicht nur einen verschlafenen Eindruck, sondern schon eher einen scheintoten. Mich irritieren die vielen Schilder "Wir kämpfen für unseren Hafen". Was ist hier los? Eine Dame im letzten verbliebenen Fischlokal am Hafen gibt Auskunft. Nein, wir sind nicht falsch. Nein, es gibt auch keinen anderen Hafen. Der Friedrichskooger Hafen ist geschlossen. Wegen zu geringer Auslastung. Zu vielen Kosten. Der Landesbetrieb für Küstenschutz, Naturschutz und Umweltschutz (LKN) wird zum 1. Juni das Sperrwerkstor dicht machen und den Hafen endgültig schließen. Schiffseigner werden zur Räumung aufgefordert, sie müssen sich andere Liegeplätze suchen. Zur Entwässerung des Hinterlandes soll ein Schöpfwerk gebaut werden. Der einstmals zweitgrößte Hafen Schleswig-Holsteins ist dann Geschichte.
Ich mache mich auf den Rückweg nach Hamburg. Ein wenig betrübt. Alles ist ständig im Wandel. Nichts bleibt wie es war. Nur das Wasser der Elbe fließt unbeeindruckt Richtung Nordsee. Beständig. 





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen