Hamburg - Ein Spaziergang in Schweenssand, die alte Süderelbbrücke und der Billhafen

Hamburg im Winter ist grau. Und das zuverlässig viele Tage hintereinander. An den meisten grauen Tagen ist es darüber hinaus auch noch nass. In unterschiedlicher Intensität. Ganz selten schneit es mal, so wie gestern. Meist verwandelt sich die weiße Pracht aber schnell in formlosen Matsch - natürlich in grau. An absoluten Ausnahmetagen im Winter - vor allen Dingen in diesem - ist plötzlich der Himmel von einem klaren Blau und die Sonne strahlt über der schönsten Stadt der Welt. Wenn es dann noch ein Sonntag ist, gibt es kein Halten mehr. Statt vor Schreck über den ungewöhnlichen Himmelskörper förmlich zu erstarren, verlässt der gemeine Hamburger dann zügig seine Behausung, um irgendeiner Beschäftigung im Freien nachzugehen. Man weiß ja nie wie lange einem das Himmelsblau samt Sonnenschein erhalten bleibt. So auch bei uns geschehen am letzten Sonntag.
Die Idee:
Wir wollen uns mal den ältesten Baum Hamburgs angucken. Auf 1000 Jahre wird ihr Alter geschätzt. Eine Eibe, die am Neuländer Elbdeich zu finden sein soll. So steht es in dem Buch "111 Orte in Hamburg die man gesehen haben muss". Also nichts wie ins Auto und über die Elbe nach Hamburg-Neuland.
Dort angekommen stellen wir fest... diesen Ort muss man eigentlich nicht unbedingt gesehen haben. Die Eibe wirkt weder imposant noch ehrfurchtseinflößend, sie ist nicht groß, nicht weit ausladend, sie ist einfach nur unspektakulär. Alter hat halt nicht unbedingt was mit Größe oder Schönheit zu tun. Ein wenig enttäuscht machen wir uns wieder vom Acker, parken unser Auto am Deich - Mütze auf, Handschuhe an, Schal festgezogen - los gehts zu einem ausgedehntem Deichspaziergang.
Neuland liegt östlich von Harburg und damit südlich der Elbe und fühlt sich eher nach Dorf als nach Stadt an. Neu ist es auch nicht wirklich, denn schon Ende des 13. Jahrhunderts siedelten sich hier Menschen an. Wir spazieren jetzt übrigens durchs Naturschutzgebiet Schweenssand.
Die Bäume hier finde ich tatsächlich ungleich beeindruckender, obwohl die letzten Stürme den einen oder anderen komplett entwurzelt haben.
Außer einigen spielenden Kindern, die hier auf diesem verwunschen wirkenden Stück Erde noch echte Abenteuer erleben können, treffen wir nur wenige andere Menschen. Ein paar Hundebesitzer sind unterwegs, aber das war es dann auch. Schade eigentlich - also für die, die hier nicht unterwegs sind - denn es ist wirklich schön hier.
Im Sommer ist hier sicher mehr los, auf unserem Spaziergang landen wir auf einer Insel, die Heimat diverser Ruderclubs ist. Wer die Süderelbe vor der Tür hat, hat damit bestimmt ein großartiges Ruderrevier gefunden.
Nach einer Stunde sind wir ordentlich durchgefroren, zumal ein eisiger Wind weht. Also ab ins Auto und los gehts. Doch was ist das eigentlich für eine Brücke dort? Die gibt sicher ein wirklich gutes Fotomotiv ab. Wir halten an und steigen wieder aus. Natürlich mit Mütze, Handschuhen und was man sonst noch so braucht. Hach, ist das schön hier! Eine Brücke nur für Fußgänger und Radfahrer. Und obwohl heute der Himmel blau ist und die Welt um uns herum andere Farben zeigt als nur grau, gibt es die Fotos der alten Süderelbbrücke nun in schwarz-weiß. Weil sie einfach schöner sind.
Man kennt die Brücke auch unter dem Namen Alte Harburger Elbbrücke, sie wurde 1899 eingeweiht, war die erste Straßenbrücke über die Süderelbe und führt heute paralel zur A 352 über den Fluss. Für alle, die gerne Fotos machen auf jeden Fall ein genialer Fotospot.
Und davon besuchen wir gleich noch einen, allerdings gibt es hier die Fotos in Farbe. Wovon? Von dem blauen Kran im Billhafen in Rothenburgsort. Jeder, der nach Hamburg über die A255 und die Billhorner Brückenstraße hineinfährt, kann ihn auf der linken Seite entdecken. Wie ein Mahnmal rostet er dort vor sich hin, der ehemalige Löschplatz ist heute eine Industrieruine. Eine sehr fotogene übrigens.
Eine Hamburger Tageszeitung hat diesen Ort in eine Liste von Lost Places aufgenommen, aber niemand kann genau sagen wie lange dieser Platz noch "lost" ist. Die Hafencity rückt immer näher, allzulange wird hier wohl nicht mehr der Charme eines Industriedenkmals mit viel Graffiti und rostendem Metall versprüht werden. Doch noch kann man hier wunderbare Fotomotive finden und ich könnte mir vorstellen, dass bei Sonnenuntergang ein ganz besonderer Zauber über diesem Ort liegt. So lange wollen wir aber heute nicht mehr warten. Wir sind ziemlich durchgefroren. Vielleicht kommen wir an einem lauen Sommerabend - ja, die gibt es manchmal in Hamburg - noch einmal wieder und genießen den Sonnenuntergang.


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